Mein berühmtester Fahrgast: Michail Gorbatschow

Seit 1990 habe ich unzählige berühmte Persönlichkeiten als Chauffeur und Driverguide in Berlin betreut, die mir viele aufregende Erlebnisse beschert haben. Die Liste meiner Fahrgäste aus 26 Jahren Limousinenservice liest sich wie ein „Who is Who“ der Politik, Wirtschaft und Showbranche. Als Chauffeur zu absoluter Diskretion verpflichtet, möchte ich an dieser Stelle keine Namen nennen. Über den für mich wichtigsten Fahrgast, vielleicht die wichtigste persönliche Begegnung in meinem Leben, darf ich aber doch berichten, da es sich um eine sehr wichtige Persönlichkeit der Weltgeschichte handelt.

 

Im April 1995 habe ich Michail Gorbatschow, den ehemaligen Generalsekretär des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei der Sowjetunion und späteren Staatspräsidenten Russlands sowie Friedensnobelpreisträger im Jahre 1990, und seine Frau Raissa Gorbatschowa chauffiert. Der Anlass des Besuchs war die Vorstellung seiner Biografie in Berlin.

 

Für mich als geborenen Berliner ist Herr Gorbatschow ein Held. Viele kleine Schritte über Jahrzehnte haben schließlich zum Fall des Eisernen Vorhangs geführt, aber es war Michail Gorbatschow, der den Kalten Krieg beendete und die Berliner Mauer aufgehen ließ.

 

Es waren für mich sehr bewegende 5 Tage. Ich war tief beeindruckt von der Menschlichkeit des Ehepaars Gorbatschow. Wir haben viele Gespräche über die politischen Entwicklungen im Auto geführt und ich war mehr als erstaunt, wie interessiert die beiden an meiner eigenen Geschichte als West-Berliner und der meiner Familie in der geteilten Frontstadt waren.

 

Ich versuche stets, als Dienstleister mit meinem Wissen und meinen Fähigkeiten meinen Fahrgästen auf Augenhöhe zu begegnen. Daher bitte ich niemals um ein Autogramm oder um ein gemeinsames Foto. In diesem Falle war es aber das Ehepaar Gorbatschow, das ein gemeinsames Foto auf der Gangway des Privatflugzeugs bei ihrer Abreise vorschlug und Herr Gorbatschow überreichte mir zum Abschied ein Exemplar seiner Erinnerungen mit einer persönlichen Widmung für meine Mutter. Als ich ihr dieses Buch ein paar Tage später als Geschenk an ihrem fünfundfünfzigsten Geburtstag überreichen konnte, war sie einfach überwältigt und wir haben den ganzen Abend mit der gesamten wiedervereinigten Familie über die ganz erstaunlichen Entwicklungen der davor liegenden 35 Jahre gesprochen.

 

Diese 5 Tage im April 1995 möchte ich nicht missen und werde ich niemals vergessen.

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